Die alte INTERFLUG im www
Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
12-May-2020

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Revision 3.0
DDR-SCZ

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DDR-SCB DDR-SCZ
     
   
04.05.2020
Merseburg. Luftfahrt - Technik - Museums Park:
TU 134: Kennung DM-SCZ
Werks-Nr.: 93 50 913

Die Maschine wurde im Dezember 1969 an die Luftstreitkräfte / Luftverteidigung der DDR ausgeliefert, und erhielt den Kenner 177 mit dem
Funkrufzeichen DM-VBB. Sie blieb bis zum 1. Dezember 1975 im Bestand der Regierungsstaffel und erhielt bei der INTERFLUG die
Kennung OM-SCZ, später DDR-SCZ (02.04.1981). Die Außerdienststellung erfolgte am 8. März 1986. Iim gleichen Jahr machte sie ihren
letzten Flug nach Dresden.
Zu damaliger Zeit war der Direktor fur Flugtechnik der INTERFLUG Harald Franke, er war gebürtiger Bernsdorfer.
Es wurde die Idee geboren, aus Anlass der 700-Jahr-Feier des Ortes eine ausrangierte Maschine in Bemsdorf aufzustellen.
In der Nacht vom 14. zum 15. Mai 1986 ge!angte die TU 134 aut drei LKW mit Sattelaufliegern und zwei Spezialtahrzeugen aut dem Landwege von Dresden nach Bemsdorf. Sie wurde im Freizeitzentrum Bernsdorf (bei Lichtenstein) aufgestellt und am 06. September 1986, dem Eröffnungstag der Festwoche, eingeweiht. Sie ist als technisches Denkmal der Offentlichkeit zuganglich gemacht worden.

Im Laufe der Zeit stellten sich an der TU 134 Schaden am Fahrwerk ein, so daß eine Besichtigung nur noch von außen erfolgen konnte. Die Reparatur konnte die Gemeinde nicht bezahlen. Deshalb verkaufte die Gemeinde Bernsdorf das Flugzeug an einen Interessenten aus Passau.
Nach Verhandlungen letztendlich wurde die Maschine an den Luftfahrt- und Technik Museumspark in Merseburg verkauft.

Rekonstruktion im Museum in Merseburg. Das Flugzeug wurde in Bernsdorf demontiert, der Rumpf wurde am 22. Mai 2001 auf die Reise nach Merseburg geschickt und karn dort am 23. Mai 2001 um 20.35 Uhr an. In der Nacht vom 07. zum 08. Juni 2001 folgten die übrigen Teile der TU 134.
Geplant ist, dem Flugzeug seine Erstbemalung mit dem Kenner 177 zuruckzugeben.

Adresse: Luftfahrt-Technik-Museums Park
Kastanienpromenade 50
06217 Merseburg

 

Autor: Wolfgang Hakansson  
12.05.2020
 

Hier noch einwenig mehr zur Geschichte der DDR-SCZ. Dieser Artikel ist auch noch einmal zufinden unter den Informationen zur Flugtechnik der Interflug.

http://interflug.biz/Franke.htm
 

Eine Tu-134 für Bernsdorf / Erzgebirge

Als ich zu Pfingsten 1985 meinen Geburtsort Bernsdorf / Erzgebirge besuchte, kam in einem Kneipengespräch die Idee auf, ob nicht die INTERFLUG der Gemeinde anlässlich deren bevorstehender 700-Jahr-Feier ein außer Dienst gestelltes Flugzeug übereignen könnte. Der Bürgermeister Lothar Löffler dachte wohl eher an ein kleines Flugzeug, etwa ein Agrarflugzeug Z-37 oder eine AN-2.

Ich versprach mich darum zu kümmern, war mir aber nicht sicher, ob das alles ernst zu nehmen sei. Nun gab es zu dieser Zeit bei der INTERFLUG tatsächlich Flugzeuge, deren Einsatzfristen abgelaufen waren und wo es zu entscheiden galt, was mit ihnen geschehen sollte. Die Flugzeugzelle sowie die eingebauten Aggregate und Geräte bestehen aus wertvollen Rohstoffen wie Duraluminium, hochlegiertem Stahl, Titan, Kupfer u.a.

Der Altmetallhandel der DDR hätte das Material sehr gern verwertet, verlangte aber eine sortenreine Aufbereitung. Es gab natürlich weit und breit keine spezialisierte Firma, die sich mit dem Verschrotten von Flugzeugen befasste, so wie etwa in den USA AMARC (Marana, Arizona), Avtel Services (Mojave, California), Evergreen Air Center (Marana, Arizona) u.a.
Diese Firmen verfügen über riesige hydraulische Stahlscheren, mit denen die Flugzeugzelle zerteilt wird sowie über spezielle Mühlen zum Kleinschneiden des Altmetalles.

Im Betriebsteil Flugtechnik der IF gab es damals noch keine Trennschleifer (Flex), die man heute in jedem Baumarkt kaufen kann. Nur die Flughafenfeuerwehr besaß ein solches Gerät, das aus dem Westen beschafft worden war, hütete es wie der Zwerg Alberich den Nibelungenschatz und gab es aber verständlicherweise für Verschrottungsarbeiten nicht heraus. Wir hätten bestenfalls das Brennschneiden zur Zerlegung der Flugzeugzelle einsetzen können. Doch es fehlte auch an Arbeitskräften, sodass das Verschrotten von Flugzeugen zum arbeits- und kostenintensiven Problem wurde.

Eines Tages unterhielt ich mich über dieses Thema mit meinem Amtsbruder, dem Technischen Direktor der ČSA, Generalmajor Karel Cvačka und erfuhr, dass die ČSA ihre ausgemusterten Flugzeuge unter Anwendung von Plastiksprengstoff zerlegt.
Er stimmte zu, dass wir uns das näher ansehen können und zu diesem Zweck reisten aus dem Betriebsteil Flugtechnik der INTERFLUG die Kollegen Manfred K. und Hans-Elmar S. zur ČSA. Sie konnten sich dieses Spreng-Verfahren anschauen und waren sehr beeindruckt.
Nach ihrer Rückkehr nach Berlin wurden sie von der Stasi in deren Filiale im Nordteil des Flughafens Schönefeld zitiert und hochnotpeinlich über diese Reise befragt. Am Ende des Gespräches klopften die Stasileute auf den Busch und unterstellten den beiden, dass sie Plastiksprengstoff mitgebracht hätten, was natürlich nicht stimmte.
Die Empörung über diese fiese Art der Unterstellung war bei beiden groß. Weitere Folgen gab es aber nicht.

Inzwischen versuchte ich mit der Abteilung Sicherheit und Ordnung der IF prinzipiell zu klären, ob bei uns die Sprengung von Flugzeugen genehmigt werden kann, wenn auch nicht in Berlin-Schönefeld, dann vielleicht auf den wenig frequentierten und abseits gelegenen Flughäfen in Heringsdorf oder Erfurt.

Anfangs schien Bereitschaft zu so einer außergewöhnlichen Maßnahme vorzuliegen, aber nach Konsultationen der Abteilung Sicherheit und Ordnung mit den obengenannten „Organen“ wurde das Sprengen abgelehnt. Auf diesem Hintergrund war man bei INTERFLUG gern bereit, ausgemusterte Flugzeuge Städten und Gemeinden zur Verfügung zu stellen, die sie für Ausstellungszwecke, Restaurants, Standesämter u.a. nutzten, die Flugzeuge pflegten und sich um alles kümmerten.

So sagte mir denn auch der Generaldirektor der IF, Dr. Klaus Henkes, auf meine Bitte, ob ich eine ausgediente TU-134 für die Gemeinde Bernsdorf bekommen könnte in seiner lockeren Art: „Ja, für eine Mark kannste die haben“.

Ortswappen Bernsdorf

In einer Broschüre über die Ortsgeschichte Bernsdorfs, die 1986 zur 700- Jahr-Feier herausgegeben wurde, heißt es auf Seite 86:

„Zur Vorbereitung und Durchführung dieser Aktion „TU-134“ wurde am 5.11.1985 ein Maßnahmeplan erarbeitet, eine Arbeitsgruppe „AG Flugzeug“ ins Leben gerufen, die alle organisatorischen Probleme zu lösen hatte.
Als Leiter der Gruppe fungierte Jürgen Andres, der durch seine Initiativfreudigkeit und Sachkenntnis wesentlich zum Gelingen dieser einmaligen Aktion beitrug. Weitere Mitarbeiter waren, neben dem Bürgermeister, Thomas Velebil, Heinz Franke, Henry Gruner und Gerd Moses.
Zweimal waren Mitglieder dieses Kollektivs in Berlin bzw. Dresden, um die notwendigen Vorbesprechungen zu führen und vertragliche Regelungen durchzusprechen.“

Am 1.April 1986 kam es in Berlin zum Vertragsabschluß zwischen der INTERFLUG und dem Rat der Gemeinde Bernsdorf. Im Vertrag heißt es u.a.

1.Der Lieferer liefert an den Besteller zu nachstehenden Bedingungen 1 Flugzeug TU-134 zur zweckentfremdeten Bodennutzung einschließlich Demontage und Montage.

2. Der Preis der Flugzeugzelle beträgt 700.- Mark ...

4/1. Das Flugzeug wird zu Lasten des Lieferers zum Flughafen Dresden-Klotzsche überflogen. ....

4/5. Nach der Demontage des Flugzeuges wird ein Protokoll zur Bestätigung der ordnungsgemäßen Übergabe durch die Bevollmächtigten des Lieferers und Bestellers unterzeichnet. Damit erfolgt der Eigentumsübergang an den Besteller. ...

4/7. Der Besteller organisiert auf seine Veranlassung den Straßentransport und trägt die Verantwortung für die Be- und Entladung sowie den Straßentransport bis zum Frachtempfängerort.“

Die Transportkosten wurden größtenteils aus Lottomitteln gesponsert. Die Gemeinde stimmte den Transport mit der Deutschen Volkspolizei sehr eng ab, schließlich musste die Autobahn zwischen Dresden und Hohenstein-Ernstthal zeitweise gesperrt werden.

Vom BTFT wurde für die Leitung der Demontage- und Montagearbeiten des Flugzeuges mit der Kennung DDR-SCZ der Fachbereichsingenieur Zelle, Sepp Heinrich, eingesetzt. Er berichtet hier über seine Erlebnisse:

„Da standen wir nun mit unserem Glück auf dem Flughafen Dresden-Klotzsche. Eine hochmotivierte Truppe, aber ohne jegliche Erfahrung in der Demontage eines kompletten Flugzeuges. Flugzeugwartung und Reparaturen an einzelnen Komponenten ja, aber ein Flugzeug so zu zerlegen, dass es für einen Straßentransport geeignet ist? Das war schon eine riesige Herausforderung, zumal die Arbeitsbedingungen noch erschwerend hinzu kamen. Denn nirgendwo existierten in den damaligen Luftfahrtbetrieben der DDR Vorrichtungen und Werkzeuge für derartige Arbeiten – eine Zerlegung einer TU-134. Wir hatten aber keine andere Wahl, also gingen wir es an und siehe da - mit Einsatzwillen, einer gehörigen Portion Improvisationstalent und dem Wissen der Mechaniker war es möglich, die erste Etappe - die Demontage - in Dresden zu bewältigen. Was erwartete uns aber in Bernsdorf?

Der Montageplatz der DDR-SCZ in Bernsdorf?

Das Wichtigste aber zuerst, um die Motivation der Leute hochzuhalten, Unterkunft und Verpflegung waren exzellent, und da fiel natürlich auch das Arbeiten umso leichter.
Die Montage selbst ging erstaunlich problemlos, selbst unter den widrigen örtlichen Gegebenheiten, wie unebene Flächen, technische Hilfsmittel, die überlastet und eigentlich nicht so richtig geeignet waren und zuletzt Wind und Wetter, was uns auch nicht immer unterstützte, vonstatten. Natürlich gelang nicht alles auf Anhieb, aber mit Geduld und dem notwendigen Fingerspitzengefühl konnten alle "Problemchen" gelöst werden.
Nach 2 ½ Wochen war es dann soweit, dass das Flugzeug komplett montiert und gesichert an den Bürgermeister von Bernsdorf übergeben werden konnte. Es war eine tolle Leistung des ganzen Teams, denn das Allerwichtigste war, alles blieb heil, keiner verletzte sich und der Auftraggeber war mit dem Ergebnis zufrieden“

Das Montageteam der Interflug, 1. vorn links der Leiter Sepp Heinrich

Die feierliche Einweihung mit Schlüsselübergabe an den Bürgermeister von Bernsdorf erfolgte zu Beginn der Festwoche anlässlich der 700-Jahr-Feier der Gemeinde am 6.9.1986.

Harald Franke bei der Übergabe des Flugzeuges an den Bernsdorfer Bürgermeister Lothar Löffler
Übergabe der Flugzeugschlüssel

1987 trat das Jugendblasorchester der Gemeinde Bernsdorf , damals unterhalten von der SDAG Wismut und deshalb in Bergmannskluft, in einer Dankeschön-Veranstaltung im Betriebsteil Flugtechnik der IF vor dem großen Hangar auf –wie auf folgenden zwei Bildern zu sehen ist.

Bis zum 30.6.1988 besichtigten über 80000 Besucher die TU-134, darunter auch Ausländer aus der Sowjetunion, Ungarn, Polen, Tschechoslowakei, Bulgarien, Belgien, Österreich und der Schweiz. Bis 1995 kamen über 200 000 Besucher. Mit großem Engagement wurde das Flugzeug durch den Bernsdorfer Jürgen Andres und seiner Familie betreut. Die TU-134 diente auch als Kulisse für einige Veranstaltungen.

Auf dem Bild befindet sich eine Grußadresse des damaligen Generalkonstrukteurs Tupolew (jun.): „Ich wünsche der Fluggesellschaft INTERFLUG neue große Erfolge beim Betrieb moderner Flugzeuge. Tupolew, April 1988“

Nach der Wende ließ das Interesse der Bevölkerung an diesem Flugzeug mit den sich bietenden neuen Reisemöglichkeiten nach.

Die Chemnitzer Morgenpost vom 25.1.2000 zitiert den Bernsdorfer Bürgermeister Eckhard Bigl:

“1998 hatten wir gerade mal 675 Besucher. Wegen Schäden am Fahrwerk konnte das Flugzeug im letzten Jahr gar nicht mehr zur Besichtigung freigegeben werden. Für eine aufwändige Reparatur fehlt in der Gemeindekasse das Geld.So gab es für den Verkauf praktisch keine Alternative.“

Zunächst wollte ein bayerischer Luftfahrtenthusiast das Flugzeug für 7500.-DM erwerben und in Hessen aufstellen. Er ist aber aus dieser Aktion nach einigem Hin und Her wieder ausgestiegen.

Die letzte Reise der Bernsdorfer TU ging Ende Mai 2001 in den Luftfahrt- und Technik-Museumspark Merseburg, wo sie wieder aufgebaut wurde und besichtigt werden kann. Aber das ist dann schon eine andere Geschichte.

Harald Franke, Berlin, November 2010

Der genaue Standort der DDR-SCZ kannunter Aufenthaltsorte auf der Page IF-Flugzeuge heraus gefunden werden.

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