Die alte INTERFLUG im www
Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
08-Jun-2017


Revision 3.0
Zeugnisse

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Autor: Gerd Ritter

Auf dieser Seite wollen wir alle uns vorliegenden oder zur Verfügung gestellten Formen von Zeugnissen, die von der Interflug oder mit ihr in Verbindung stehenden Ausbildungseinrichtungen nach Abschluß von bestimmten "Ausbildungsmaßnahmen"vergeben wurden.

In der Interflug existierten verschiedene "Bildungsträger". Das begann mit der Betriebsberufsschule, in der vorweigend Facharbeiter der verschiedensten Berufe, die vorwiegend bei INTERFLUG benötigt wurden, ausgebildet wurden. Das traf insbesondere für den technischen und ökonomischen Bereich zu.
Typische Berufsziele waren Flugzeugmechaniker und Luftverkehrskaufmann.

Daneben existierte die sogenannte Betriebsakademie, die neben der Berufsausbildung/-weiterbildung für Erwachse viele andere spezielle Ausbildungen zeitabhängig im Programm hatte. Bei allen Ausbildungsgängen spielte die obligatorische und meist von allen wenig geliebte politische Bildung in Sachen Marxismus-Leninismus eine allgegenwärtige Nebenrolle. Ein bestimmter Prozentsatz an Stunden mußte in fast jedem Bildungsgang enthalten sein. Das war für die Auszubildenden meist lästig, zumal die Qualität der Ausbildung in politischer Richtung meist auf nicht allzu hohem Niveau erfolgte und oft in Phrasendreschen endete. Niemand wollte ja Politiker oder Parteifunktionär werden. Diese mußten ja auch nicht ständig Mathematik oder Physik lernen, obwohl besseres Rechnen einigen gut getan hätte. Dabei war alles, was man uns einst über den "bösen" Kapitalismus beibringen wollte, noch arg verniedlicht und untertrieben, nur was man uns über den Sozialismus beigebracht hat, war so ziemlich alles Nonsens. Der "reale" Sozialismus "wüttete" da draußen eben ganz anders. Vor allem hatte er sich nicht auf einer abgeschiedenen Insel zu etablieren, sondern im beinharten Kampf mit dem umgebenden realen Kapitalismus und das brach der DDR und dem Sozialismus, neben anderen Fehlern im Alltag,  ja auch schließlich das Genick. Politlehrer hatten deshalb auch oft keinen leichten Stand.

Zum Glück gab es einen Bereich, der von dieser platten politischen Einflußnahme frei gehalten werden konnte.
Das war die Ausbildung innerhalb der Abteilung Fliegerische Aus- und Weiterbildung (FAW) des Betriebsteils Flugbetrieb. Hier wurden alle Umschulungen (Type-Rating-Lehrgänge) aber viele Jahre auch fligerische Grundausbildung realisiert.
So erhielt ich z.B. meine erste fliegerische Ausbildung bei INTERFLUG auf der AN-2 in Erfurt durch die Abteilung Fligerische Aus- und Weiterbildung (FAW), die damals von Flugkapitän Kurt Lamm, einem ehemaligen Me-262 Piloten und IL-18 Kommandanten, geleitet wurde. Später waren wohl auch die Kapitäne Dieter Reise (TU-134) und dann Erich Metzger (TU-134) die Leiter der Abteilung. Meine Prüfung auf der AN-2 nahm mir damals der Hauptfluglehrer Flugkapitän Hans Merkel (IL-18) ab. Fluglehrer in Erfurt waren damals 1971/72 die Flugkapitäne Karl-Heinz "Bubi" Roß (AN-24, später IL-18) und Hans Klecha (ex-GST, später Meßmaschine IL-14, SLI).
Die FAW stellte nach jedem Lehrgang für die Teilnehmer Zeugnisse aus, die in einer Kopie auch in der Fliegerakte eines jeden Piloten der INTERFLUG abgelegt wurden. Die Typenschulung bei der INTERFLUG war sehr konventionell, angelehnt an die alte deutsche Luftwaffe und die Ausbildung in der UdSSR. Es fand durchweg Klassenraumraumunterricht statt. Benutzt wurden die offiziellen INTERFLUG-Dokumentationen, wie Flugzeughandbücher (FZH), technische Dokumentationen und spezielle Lehrschriften, die zumeist selbst erstellt worden waren.
Internationale oder gar englischsprachige Fachliteratur wurde nicht oder höchst selten benutzt, da diese oft nur in einem Exemplar in der technischen Bibliothek der INTERFLUG vorhanden waren. Projektoren wurden kaum benutzt, da kaum vorhanden. Erst in den letzten Jahren der INTERFLUG zeichneten sich hier Tendenzen ab. Dagegen gab es oft riesige Lehrtafeln, die meist aus dem Russischen stammten und oft nicht einmal übersetzt waren. Da war somit nur richtig  gut, wenn die eigenen Russischkenntnisse (Pflichtfach in der DDR-Schulbildung) nicht zu schlecht waren.
Leider liegen uns im Moment nur eigenen Zeignisse vor, die alle aus der mittleren Zeit der INTERFLUG stammen. Wie diese am Anfang oder am Ende aussahen, wäre ebenfalls interessant zu wissen. Wer hier etwas beitragen kann, der sei willkommen.
Wenn gewünscht, können wir auch die Namen ausblenden, was bei den Jüngeren vielleicht noch einen Sinn macht.

AN-2 1

Das typische Deckblatt eines Zeugnisses der INTERFLUG, wie es innerbetrieblich für Ausbildungen ausgestellt wurde. Das Format war A5. (Die Lochung stammt von mir und ist original nicht vorhanden, aber Klarsichtfolientschen gab es inder DDR nicht zu kaufen.)

Das Deckblatt war einfach und grafisch nach meinem Dafürhalten durchaus ansprechend und relativ neutral gestylt. Leider war die Druck- und Papierqualität nicht halb so gut wie das Design

 

AN-2
Dieses war ein erstes INTERFLUG-Zeugnis, was ein Flugschüler  eigentlich vor dem offiziellen Beginn seiner Betriebszugehörigkeit erwarb. Die Ausbildung fand etwa im letzten halben Jahr eines Studiums and der Ingenieursschule für Verkehrstechnik Dresden (Status etwa Fachhochschule), Außenstelle Berlin-Schönefeld, auf dem Flughafen Erfurt statt, da das geringe Verkehrsaufkommen an diesem Flughafen den reibungslosesten Trainingsbetrieb erlaubt. Dazu waren bis zu 6 AN-2 am Flughafen stationiert.
Geflogen wurde mit Fluglehrer im rechten Sitz und Bordmechaniker in der Mitte. Diese Funktion wurde im Laufe der Ausbildung von einem weiteren Flugschüler übernommen, um diesem weiteren Einblick zu verschaffen, zumal wir später auf der AN-24 auch die Lizeznz als Bordingenieur (Flugingenieur) erwarben und in beiden Funktionen wechselweise flogen.
In einer Fluggruppe waren 4 Flugschüler, der Fluglehrer und der Bordmechaniker-Lehrer. In Matrikel 19 z.B. gab es nur noch zwei Fluggruppen, da der Bedarf der INTERFLUG angeblich gesättigt war. Diese 8 Flugschüler waren entsprechend der Noten an der Fachschule dann vom Kaderleiter persönlich in einem Gespräch handverlesen. Dieses Gespräch werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Es hatte zweifelsohne eine traumatische Wirkung.

Sieben dieser acht jungen Menschen erreichten auch das Ziel. Sechs wurden Kapitäne, wobei einer während seiner Ausbildung zum Kapitän in Wien die sogn. "Republikflucht" beging, er dann aber wegen seiner Familie in die DDR zurückkehrte und sich angeblich in seiner Gartenlaube aufhing (wer es glaubt, wird seelig). Einer unterhält heute eine Prüfstelle für KFZ-Technik, einer hatte einen schweren Unfall mit einem Business-Flieger und nur drei von den acht Piloten dieser Grimmerschen "Elite-Truppe" fliegen heute noch als Kapitäne.(CRJ-Cityline, B737-Germania, B747-Eva Air) Normaler Verschleiß? Keine Ahnung.Durchgeführt wurde die Ausbildung nicht von der Ingenieurschule, sondern von der Abteilung FAW der INTERFLUG. Ich war auch von der INTERFLUG zu diesem Ingenieursstudium delegiert worden, d.h. meine Kaderunterlagen hatte ich zunächst bei der INTERFLUG einzureichen und dort wurde bereits eine Vorauswahl getroffen, ob der Bewerber dann später überhaupt für den Beruf eines Piloten ("Flugzeugführer" im IF-Sprachgebrauch) nach IF-Maßstäben in Frage kam.

Einen DLR-Test gab es nicht, aber so etwas ähnliches durch den Medizinischen Dienst des Verkehrswesens und obendrauf einen Check durch den Kaderleiter Grimmer (eine der gefürchtesten Personen der INTERFLUG) und sicherlich durch die Abteilung 01 (Stasi).Unterzeichnet ist diese Urkunde durch den Leiter der FAW, Herrn Flugkapitän Kurt Lamm und den Direktor der Betriebsschule, Herrn Bahr.

AN-24 1

Dieses Zeugnis bestätigte den erfolgreichen Abschluß der theoretischen Typeneinweisung als Flugzeugführer auf dem Flugzeugtyp AN-24. Dieser Lehrgang ging über 9 Wochen. Etwas, was wir vergleichbar heute im CBT in 2-3 Wochen erledigen müssen. Aber ein CBT gab es damals noch nicht und Geld spielte offensichtlich auch große keine Rolle, was sich später als Trugschluß erweisen sollte.

Hier wurde jedes Systemschema noch gewissenhaft erläutert und jeder Kanal und jedes Ventil exakt in seiner Funktion beschrieben. Ich entsinne mich noch gut an die Kraftstoffpumpe AI-24 mit ihrer Neigungsscheibe, die jeder in all ihren Funktionen genau erklären mußte. So etwas interessiert heute keinen Piloten mehr. Alles "black box" und damit hat es sich. Checklisten abarbeiten und ggf. Flugzeug zurück an die Basis bringen. Job done.Die praktische Ausbildung ist in diesem Zeugnis nicht enthalten. Da es keine Flugsimulatoren gab, mußte die Ausbildung in Form von Platztraining auf einem Einsatzflugzeug stattfinden. Dazu mußte ein Flugzeug extra geplant werden, was oft nur an bestimmten Tagen der Woche möglich war, da ja der Linienbetrieb Vorrang hatte. Bei der AN-24, die 1972 vorwiegend im Inland eingesetzt war, war das in den Wintermonaten, wo kein Bäder-Urlauberverkehr stattfand, meist kein Problem. Dazu gab es ausgearbeitete Trainingsprogramme, deren Erfüllung der stellvertretende Staffelleiter für Ausbildung zu überwachen und ggf. zu modifizieren hatte. Er leitete auch die Fluglehrer (Instrukteure) der Flugstaffel an. Eine Typenumschulung zog sich also in die Länge und konnte 4 bis 6 Monate dauern, da nach dem Platztraining auch noch die Streckenschulung im Linienbetrieb mit Passagieren an Bord folgte, was viele Passagiere gar nicht wissen, nämlich, dass sie oft von einem Schüler geflogen werden. Aber keine Angst, ein Fluglehrer ist immer im anderen Sitz. Solch lange Zeiten könnte sich aber heute keine Airline leisten.
(Wir waren damals Einsteiger und mußten insgesamt 500 Stunden erreichen, wurden auch als Bordingenieure ausgebildet, was sich insgesamt bis zu einem Jahr hinzog. Solange mußten wir mit 700 M auskommen, als 2./2. Flugzeugführer) Zum Glück mußten wir unsere Ausbildung nicht bezahlen. Wovon auch?

Kostengünstig startet man heute mit etwa 14 Tagen CBT (meist noch einmal so viel Zeit am Abend zu Hause, denn jeder hat einen Computer und eine eigene CBT-CD in der Tasche), dann folgen nach einem written Test des theoretischen Wissens meistens ein paar weitere Boden-Trainings, wie Gebrauch der Rettungs- und Notausrüstung, Transport Gefährlicher Güter, Load and Balance, CRM etc. und schließlich nach einigen Sessions fixed-based Simulator (Procedure-Training) ein "Zero-Flight-Training" auf einem Level D Full Flight Simulator über 10 Sessions plus 2 Std. Prüfung durch einen TRE (Type Rating Examener) der Luftfahrtbehörde und man bekommt sein Type Rating eingetragen, bevor man je sein neues Flugzeug wirklich geflogen hat.. Die meisten Airlines bieten dann noch eine Einweisung mit einem Trainingskapitän an Bord für die ersten 8 Legs (Flugetappen)Zeitraum 6-8 Wochen. Danach ist der Pilot wieder "produktiv".Ist der Pilot allerdings ein Anfänger, verlängert sich das Training um einiges, insbesondere die Streckeneinweisung (IOE) muß fortgesetzt werden, bis 500 Gesamtflugstunden erreicht sind.  Dann können locker 6 Monate zusammenkommen.

AN-24 2
Acht Fächer wurden bis zur Prüfungsreife gelehrt und mit einer schriftlichen Prüfung abgeschlossen. Damals noch nicht als Multiple-Choice, sondern eine Reihe von Fragen mußte in einem Zeitlimit verbal schriflich beantwortet werden, wobei natürlich auch für den Prüfer ein enorm hoher Aufwand bei der Auswertung entstand und Interpretationsspielraum blieb. So habe ich einige Male erlebt, wie Noten nach ellenlangen Diskussionen um eine Stufe aufgewertet wurden. Etwas, was bei richtig gestellten Multiple-Choice Fragen ausgeschlossen ist.

Es gab damals noch Schulnoten von 1-sehr gut- bis 5 - ungenügend. Das ist natürlich immer etwas Kinderrei, wenngleich auch die Vorteile der differnzierteren Bewertung damit verknüpft sind. Nur sind Grenzen ja viel fließender und eigentlich nur ungenau in Notensysteme zu fassen und weniger als 80% darf ja soundso keine Flieger errreichen, wenn er bestehen will.

Es gibt eien alte Flieger-Weisheit, die besagt, was du am Boden noch zu 100% weißt, fällt die im Notfall in der Luft nur noch zu 50% ein. (Bei Note 2 also 40'% oder?). Das ist verdammt wenig, mag jetzt einer denken, doch da haben wir ja zum Glück noch die Checklisten als "bindende" Gedächtnisstützen.

Man sollte sich vielmehr auf  einen Mindeststandard einigen (80% vom Maximalen - wäre ja die Note 2) und das ist "bestanden". Der Rest zählt nicht und die eigentliche Prüfung ist soundso später die Praxis.

SPK
Im Jahre 1973/74 hatten ein paar Flieger großartige Einfälle.
Im Winter war saisonbedingt weniger zu fliegen, im Inland auf der AN-24 erschreckend wenig, so daß ich tagelang zu Hause saß, die Nachtbarn bereits dachten, ich wäre entlassen worden. Ich habe Monate mit nicht einmal 30 Flugstunden im Flugbuch zu stehen.
Also entstand der Vorschlag, warum wir diese Zeit nicht nutzen, um unser schlechtes English aufzubügeln. Da INTERFLUG nicht recht etwas zu bieten hatte, organisierte man an der Volkshochschule in Lichtenberg Sprachkurse, wo die sogenannte "Sprachkundigenprüfung I" am Ende zu absolvieren war. Das war so etwas "First Cambridge Certificate". Die Lehrerin war auch beileibe kein native Speaker, dennoch umsonst war es nicht und hat keinem der Teilnehmer geschadet, im Gegenteil. Jahre später gab es das nicht mehr. Schade für die Kollegen, die damals nicht teilnehmen konnten/wollten.

Ich habe allerdings nach der "Wende" doch noch lieber das "Cambridge Certificate" mit einem native Speaker als Teacher abgelegt und das war wirklich noch ein gewaltiger Unterschied, obwohl ich seitdem viele Jahre Praxis hatte und auch mit in Toulouse war. Richtige Mühe hatte ich allerdings auch nicht. Also keine Angst, das ist zu machen. (Ein ex-TU-Flieger kann alles, wozu haben wir denn das FBH)

TU-134
Hier ein Zeugnis der theoretischen Ausbildung zum Erwerb des Typ-Ratings TU-134(A), eine Aúsbildung, die ebenfalls über zwei Monate ging und in den H-Baracken im Schwalbenweg in Schönefeld stattfand.
Ich erinnere mich sogar noch an die Meisten Lehrer, als wäre es gestern gewesen. Seiten habe ich damals voll gekritzelt mit Skizzen und Erläuterungen, Hunderte von Kopien auf technischen Beschreibungen wurden uns übergeben und zur Erläuterung benutzt. Stunden am Abend zu Hause bin ich fast jede Leitung, jeden Kanal entlang gefahren und habe mir versucht klar zu machen, was jeweils passiert. So etwas habe ich danach nie wieder erlebt oder machen müssen.
Die Schemata nannten sich später "Synoptics" und waren weitaus weniger detailreich, beschränkten sich auf das absolut notwendige Wissen (nach Ansicht von Airbus und Boeing, die noch einen Schritt weitergingen - ich nenne es heute Handbücher für Hausfrauen) und minimale Zusammenhänge, die gerade notwenig sind, um die Checklisten richtig abzuarbeiten.
Will man etwas mehr wissen, muß man die technische Dokumentation zu Rate ziehen, die nicht Bestandteil der Flugbetriebsdokumentaion ist.

Als Direktor Flugbetrieb zeichnet hier noch der Flugkapitän Dipl.-Ing. Kurt Fischer (IL-18 Kommandant), der nicht der Direktor der Betriebsschule war, wie der Zeugnisvordruck glauben macht. Für die Prüfungskommision war es Flugkapitän Joachim Görlich.
Beide Herren sind auf dem Zeugnis nicht benannt, wie das noch oben der Fall war.

tu-134
Die Anzahl der Fächer war hier gegenüber der AN-24 auf das Wesentliche zu diesem Typ beschränkt.

Das Fach Zelle lehrte Flugkapitän Siegfried Waurick, den ich bereits von der AN-24 kannte und mit dem ich später in Arbeitsgruppen noch viel zusammenarbeitete. Wir wohnten damals beide im INTERFLUG-Wohn-Silo im Schwalbenweg.

Triebwerk gab der Staffel-Ingenieur Helmut Finger. Auch er kam einst von der AN-24.

Geräteausrüstung gab der Navigator Herr Helmut Munk, der von der IL-18 stammte und später auf die IL-62 wechselte. Auch er siedelte im Schwalbenweg, wo er noch heute zu finden ist.

Flugmechanik gab kein geringerer als der legendäre Flugkapitän Klaus Petzold, ein ausgezeichneter Aerodynamik und Flugmechanik-Lehrer, der auch eine Lehrschrift zur Aerodynamik  der TU-134 verfaßte. Auch Klaus kam einst von der AN-24, studierte zuvor zur Zeit der 152 in Dresden Flugzeugbau und war später der Gruppenleiter Flugbetriebsdokumentation in der Abteilung Flugtechnologie und damit verantwortlich für unsere Handbücher. Klaus wurde legendär als er 1991 den letzten Flug der INTERFLUG mit einer TU-134A nach und von Wien zurück nach Schönefeld durchführte.

Betrieb des Flugzeuges (Procedures-Vorbereitung) gab damals Herr Flugkapitän Achim Stiebritz.

IL-18
Auch 1978 wurden noch die gleichen Zeugnisvordrucke benutzt wie hier bei der theoretischen Typenschulung für Navigatoren IL-18. Die erste Umschlagseite habe ich darum weggelassen.

Wolfgang "Haki" Hakansson entstammt bereits dem letzten Ausbildungsweg der INTERFLUG (Absolventen etwa ab 1975/76), bevor dann 1991 Schluß gemacht wurde. Die jungen Adler mußten sich jetzt ausnahmslos für die Offizierslaufbahn der Luftstreitkräfte der NVA in Kamenz/Bautzen bewerben und wurden dort dann für die INTERFLUG "ausgesondert". Zumeist begannen sie ihren Weg zunächst als Navigatoren auf der IL-18 oder TU-134, bevor ihnen dann nach bereits etlichen Flugstunden als Navigator die Ausbildung zum Flugzeugführer zuteil wurde.

Hier zeichnet bereits Flugkapitän Dieter Reise (auch ehemals AN-24) als Abteilungsleiter FAW die Zeugnisse.

Il-18 3
Hier gab es bei den Navigatoren nur 5 Prüfungsfächer, obwohl es sich um Neuzugänge handelte. Mehr Flugzeugführer-spezifische Fächer wurde zwar gelehrt aber nicht geprüft.

Hörtraining und Sprachtraining wurde damals bei uns nicht im Type-Rating Lehrgang abgearbeitet, sondern war mit dem Allgemeinen Flugfunksprechzeugnis der Deutschen Post bereits Bestandteil unseres Ingenieurstudiums. Lehrer war damals der spätere Oberinstrukteur für Naviagatoren der TU-134(A) Staffel Heinz "Mäcky" Lindner der einst von der Flugsicherung zum Flugbetrieb kam.

Man hatte das hier aufgenommen, da sich bei der Ausbildung vorheriger Lehrgänge herausgestellt hatte, dass die Neuzugänge von der OHS (Offiziershochschule) mit mangelhaften Englisch-Kenntnissen im Flugfunk zu kämpfen hatten. Was auch kein Wunder war, mussten sie dort doch fast ausschliesßich in Russisch fliegen.

Tu-134 2
Bereits ein Jahr später mußte/konnte Haki als Navigator auf den Jet TU-134(A) umschulen, da er offensichtlich bewiesen hatte, dass er schnell genug und flexible arbeiten konnte.
Von jetzt an mußte er sich an zwei verschiedene Arbeitsplätze gewöhnen: Bei der TU-134N im "Keller" in der Glasnase, abgeschieden, fast von den Piloten nicht kontrollierbar, mit bester Aussicht nach vorn unten und auf der A-Variante saß er auf Höhe der schmutzigen Schuhe der Piloten in der Mitte, wo sonst ein Bordingenieur sitz, relativ tief und dort sah er  sitzend gar nichts von der Außenwelt. Aber es sollte ja auch nur vorübergehend sein, denn eigentlich wollte er ja Flugzeugführer werden. So hatte es ja mal geheißen.
Tu-134 3
Erneut 5 Prüfungsfächer und 6 Hörfächer bei den Navigatoren. Hör- und Sprachtraining war inzwischen nicht mehr erforderlich, obwohl unser Englisch bei der INTERFLUG allgemein weit hinter westlichen Standards zurückblieb, was sich nicht beim täglichen Routine-Flugeinsatz bemerkbar machte, sondern dann, wenn es zu außergewöhnlichen Situationen kam, technischen Problemen oder eben bei Type-Rating Lehrgängen in Toulouse. Da hatten wir zu knabbern.
Das hat sich wesentlich auch erst mit der Einführung des A-310 und dann eben nach der Wende geändert. Niemend von uns hatte jemals zuvor einen mehrmonatigen USA oder England-Aufenthalt haben können. Da war es mit unserem Russich schon etwas besser, wenngleich auch das hätte besser sein können. Aber außer ein paar Touristenreisen hatten die meisten von uns auch keine längeren Russland-Aufenthalte. Die Freizügigkeit gab es eben im Sozialismus nun einmal nicht, was natürlich jedem Sprachentraining Abbruch leistet.

Einen Notfall detailiert in Russisch der russischen Flugsicherung nahezubringen, dürften auch nur ganz wenige INTERFLUG-Crews gebracht haben. Aber Selbstüberschätzung war immer und ist oft noch heute die "Stärke" vieler Piloten auf der Welt, nicht nur bei INTERFLUG.

Man wollte nun diesem Problem etwas abhelfen, die Russen drängten wohl auch darauf, dass das Fliegerzentrum des RGW in Uljanovsk auch stärker von ausländischen Crews genutzt (und bezahlt) wird. Fortan fanden zahlreiche Type-Rating Lehrgaänge dort statt, obwohl die Organisation oft geradezu mangelhaft war. Niemand wollte hin, doch es führte meist kein Weg daran vorbei.

Uljanowsk 1
Im Jahre 1983 hatte es dann auch Haki "erwischt". Er mußte seine Sachen packen und ab an die "Ostfront" nach Uljanovsk. Das einzig verlockende daran war, daß er nun endlich Flugzeugführer werden sollte. Vom 11. Januar bis zum 15. April sah die Welt etwas anders aus, um von den Temperaturen nicht zu reden. Nur zweimal 4, sonst alles 5er, viel besser konnte man in Uljanovsk gar nicht lernen, zwischen Schwarzbrot und Vodka.
Das Benotungssystem beginnt mit der Note "5" als beste Note und endet mit der Note "1" als schlechteste.
Uljanowsk 2
Auch 20 Stunden und 03 Minuten Flugtraining, welches mit der Note 4 bewertet wurde, waren im Ausbildungsprogramm enthalten. Am 15. April 1983 war dann alles überstanden. Ich hoffe, Haki erzählt uns noch etwas genauer, wie das damals ablief.
A-310
Als 1989 die INTERFLUG als erste Airline im Ostblock westliche Flugzeuge mit Glas-Cockpit einführte, konnten wir der sich abzeichnenden  Entwicklung natürlich nicht hinterherlaufen und mußte "wohl oder übel" mit zur Umschulung nach Toulouse gehen.

Die Ausbildung dort war die erste, die jemals in English absolviert werden mußte. Das war für uns damals schon ein harter Brocken, obwohl man uns in Toulouse sehr zu Hilfe kam, so gut es nur ging.
So teilte man einigen von uns deutschsprachigen Lehrer zu. Meinen fixed-base Simulator hatte ich bei dem Deutschen Ingenieur Hans Schäfer, der gerne einen guten Tropfen einschenken ließ und kaum einem Feierabendbier aus dem Wege gehen konnte. Fand unsere Session nach der Mittgaspause statt, hatten wir immer mit ihm zuvor in der Kantine noch eine oder auch zwei Karaffen Rotwein zu leeren. Entsprechend locker gingen wir unser Procedure-Training an.  (Heute würden wir alle in meiner Airline dafür rausfliegen). Hatten wir am Abend die letzte Session mit Hans ging es anschließend mit seinem roten BMW zur "Katzenmutter" noch ein paar Bier ausschlürfen. Das störte Hans aber nicht, uns dann noch in unser Hotel zu fahren.

Etwas anders ging es dann auf dem Full-Flight-SIM zu. Ein französischer ehemaliger Militär-Transall-Kommandant, dessen Englisch etwa auf unserem Niveau war, war da wesentlich nüchtener.

Meine Type-Rating Prüfung machte ich dann bei dem deutschen Airbus-Testpiloten Udo Günzel, der nur sauer war, dass er dadurch nicht mit seinen Kollegen zum Golf fahren konnte, es aber dann doch professionell gelassen wegsteckte.

A-310 CAT II
INTERFLUG hatte sich bei der Beschaffung der A-310 für eine Ausrüstung entsprechend der ICAO-Betriebsstuffe II entschieden und wir mußten darum in Toulouse auch gleichzeitig ein CAT II Training auf dem Simulator absolvieren und jährlich wiederholen. Dazu war ich 1990 mit Flugkapitän Wolfgang Düssel, stellv. Flottenchef für Training,  in Frankfurt im Lufthansa Simulator (gleichzeitig Prof-Check).

Noch während meines Aufenthaltes in Toulouse konnte ich am Fernsehgerät miterleben, wie die Mauer in Berlin fiel. Wir hatten damals im Hotel nur SAT 1 als einzigen deutschen Sender. Das war schon ein Ereignis, was einen nicht kalt ließ und trotz allem vorausgegangene zivilem Ungehorsam etwas überrasched kam.

Unter dem Einfluß einschneidender Ereignisse mußte ich aber mein Training scheinbar gelassen fortsetzten und zu einem positiven Abschluß führen, was auch gelang.

Ein CRM-Training war damals noch nicht gefordert und wurde auch während meiner gesamten Zeit bei INTERFLUG nie absolviert, obwohl es all die Jahre bitter nötig gewesen wäre. Aber auf der anderen Seite ist kein CRM-Training immer noch besser als ein schlechtes CRM-Training und davon gibt es genug.

Uljanowsk 3
Hier das erste von zwei Zeugnissen von Dipl.-Ing. Reinhard Lindner vom BT Flugtechnik VF, die er nach seinem Umschulungslehrgang auf die AN-24 im Jahre 1965 in Uljanowsk erhalten hatte.
Uljanowsk 4
Dieses Zeugnis vom 13.NOV1965 von Reinhard zeigt auch die Lehrfächer, die absolvierten Stunden und die Noten an. Naturgemäß gab es in Zelle und Triebwerk die meisten Stunden, hier 100 und 90. Natürlich bekam ein engagierter Interflieger in allen Fächern eine 5, was in Deutschland einer Note 1 entspricht. Die "Nemze" waren dafür "berüchtigt" immer Einsen zu machen.

Ja, so lief das vor 41 Jahren, damals in Russland, was wir Sowjetunion nennen mußten, um nicht als böse zu gelten. Zum Glück durften wir noch russische Sprache sagen.

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