Unsere
alte INTRFLUG
im Web Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG |
||
|
||
last updated: |
Flugsicherung | |
|
Startseite | zurück | Peter Markmann |
Autor: Werner Trempler |
35 Jahre zivile Flugsicherung in der DDR |
25.10.2018 |
Das Erfordernis geschichtlicher Betrachtungen, die Definition der
Flugsicherung sowie die Ausgangssituation der zivilen
Flugsicherung in der DDR bilden die Einleitung (1.). Im Hauptteil
(2.) beschreibe ich die Entwicklung der DDR-Flugsicherung von den
Anfängen bis zur Eingliederung in die Bundesanstalt für
Flugsicherung (BFS) aus meiner Sicht. |
|
|
1.2. Was ist Flugsicherung?Auch diese Frage muss anfänglich erläutert werden, um die nachfolgenden Ausführungen zu verstehen: Die Flugkapitäne brauchen Partner am Boden - die Fluglotsen - um sicher zu starten, zu fliegen und zu landen. Um einen Flug von" A" nach "B" in den zulässigen Höhen- und Längsstaffelungen (BILD 1) durchführen zu können, bedarf es nationaler und internationaler Luftstraßensysteme mit Wegweisern: - Funknavigationsanlagen, - Uberwachungs- und Flugführungssysteme, - Radaranlagen sowie - Kommunikationsanlagen. Die Flugsicherung nun erfüllt die vorgenannten Aufgabenkomplexe, und zwar vorrangig durch zwei Berufsbereiche: |
BILD 1 - Vorgaben für Höhen- und Längsstaffelung, [2] |
- die Fluglotsen, die die Flugverfahren vorgeben und
diese im Dialog mit den Flugkapitänen umsetzen sowie - die Techniker, die die technischen Systeme konfigurieren und bereitstellen. Darüber hinaus gehören zur Flugsicherung staatliche Kontrollorgane - in der DDR waren das die Hauptverwaltung für Zivile Luftfahrt (HVZL) und die Staatliche Luftfahrtinspektion (SU) mit der Prüfstelle für Luftfahrtgeräte (Pf L). Und letztlich ist eine internationale Kooperation durch den üblicherweise Ländergrenzenüberschreitenden Luftverkehr unerlässlich, welche durch eine Unterorganisation der UNO die Int~nationale Organisation für Zivilluftfahrt (lCAO),über einheitliche Vorschriften und Standards abgesichert wird. 1.3. Ausgangssituation der zivilen Flugsicherung in der DDRDer Flugverkehr in Europa dehnte sich nach 1945 erheblich aus. Im geteilten Deutschland entstanden 1949 die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik.So war es notwendig, in beiden Teilen Deutschlands eine eigenständige Flugsicherung aufzubauen. Aus den Erfahrungen seit dem 2. Weltkrieg war klar geworden, dass ausgedehnter Luftverkehr geregelt werden muss. Der Luftraum der Bundesrepublik wurde schon 1951/52 in Fluginformationsgebiete (FIR - Flight Information Region) aufgeteilt, bei Flughöhen bis zu 3000 Meter. In der DDR wurde erst 1954/55 schrittweise aus den Händen der sowjetischen Streitkräfte und deren Unterstützung ein ziviler Luftverkehr aufgebaut und damit auch eine bedingt eigenständige Flugsicherung etabliert. Es gab schon vorher paramilitärischen Luftverkehr bei der Kasernierten Volkspolizei (KVP) und den Segelflug bei der Freien Deutschen Jugend (FDJ) sowie Flüge innerhalb der Gesellschaft für Sport und Technik (GST). Ziviler Luftverkehr in der DDR begann eigentlich inLeipzig/Mockau mit der Notwendigkeit eines Messeflugverkehrs und in Berlin-Schönefeld mit dem "Druck" durch die Fluggesellschaften LOT, CSA, TAROM und AEROFLOT, die zivile Flüge in Richtung Westeuropa durchführen wollten, und das ging sinnvoll nur zum und über dem Territorium der DDR. |
|
Das Ministerium des Innern (MDI) wurde daher von der
Regierung der DDR mit der Schaffung der Zivilluftfahrt beauftragt.
So waren es auch vielfach Mitarbeiter dieses Ministeriums
verschiedensterBerufsgruppen, die anfänglich in der Flugsicherung
tatlg waren. Als VOItJild galt die Bundesanstalt für Flugsicherung
(BFS) der Bundesrepublik Deutschland, was auch schon deshalb nahe
lag, weil die BFS bereits seit 1953 bestand. Damals stand noch das
Ziel der Einheit Deutschlands auch in der Verfassung der DDR.
Rückblickend ist somit festzustellen, wie auch hier Artikel 23 des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zumindest indirekt
gewirkt hat. Die besondere Struktur des Luftraums der DDR resultierte einerseits aus der Tatsache, dass in ihrer Mitte Westberlin mit den Luftkorridoren der Westalliierten (BILD 2) von Westberlin in Richtung Bundesrepublik lag, und anderersefis die sowjetischen Streitkräfte für den Rest des Luftraums erhebliche Nutzungseinschränkungen vorsahen. 2. ZEITLICHE ETAPPEN ZUR ZIVILEN FLUGSICHERUNG IN DER DDR2.1. Periode von 1955 bis 1962 - Anfänge und ImprovisationAm 11.Mai 1955 übernahm die Deutsche Lufthansa Ost unter Leitung von Werner Kießling einen Teil des Flugplatzes Schönefeld von den sowjetischen Streitkräften. Die Gründung der zivilen Luftfahrt in der DDR begann daher mit der Etablierung der Lufthansa Ost in Berlin-Schönefeld.Werner Kießling war zuvor schon in Leipzig-Mockau und in Dresden tätig [4]. In Leipzig-Mockau landete bereits am 29.August 1949 eine Douglas DC-3 der CSA. Und zur Frühjahrmesse 1950 lag die Abwicklung des flugtechnischen Betriebes schon in deutschen Händen; die Flugsicherungsaufgaben jedoch erledigten noch die sowjetischen Strefikräfte.Später war W. Kießling dann für die Flugsicherung in Schönefeld verantwortlich. 1957 wurde im Ministerium für Verkehrswesen die Hauptverwaltung Zivile Luftfahrt (HVZL) gebildet und im Januar 1961 deren Abteilung "Zivile Flugsicherung". Ab diesem Zeitpunkt wurden dann die Flugsicherungsaufgaben in der DDR von dieser Abteilung in der HVZL wahrgenommen. Leiter dieser Abteilung war Hans Groß. Die Anfänge im Luftverkehr waren stark geprägt durch die Abhängigkeit von sowjetischen Streitkräften. Es gab eine strikte GenehmigungsHierarchie (BILD 3), an deren letzen Ende erst die zivile Luftfahrt und somit auch die zivile Flugsicherung standen. Oberste Kontrollbehörde für die zivile Flugsicherung und Verbindungsorgan zur militärischen Lufthoheit der Sowjetischen Streitkräfte und den Luftstreitkräften der Nationalen Volksarmee war somit die Abteilung Zivile Flugsicherung der HVZL und zwar bis zur Wiedervereinigung am 7. Oktober 1990. |
BILD 2 - Luftkorridore von Westberlln über dem Gebiet der DDR in die Bundesrepublik (1945 bis 1990), [3] BILD 3 - Hierachiedarstellung im Luftraum der DDR |
Zur Abwicklung des Flugverkehrs nach den gültigen internationalen
Regeln wurden folgende Dienste eingerichtet: - die Flugüberwachung ATCC (Area Traffic Contral Centre) - den Bezirkskontrolldienst ACC (Area Contral Centre) - den Fluginformationsdienst AIS (Air Information Service) - den Flugfernmeldedienst AFS (Aeronautical Fixed Service) - die Anflugkontralldienste auf den Flughäfen der DDR Dabei konzentrierte sich anfangs alies auf eine "Kontrallzentrale" in Berlin-Schönefeld [5]. Die Technische Basis für die Flugsicherung bestand in der ersten Zeit aus alten zivilen und militärischen Beständen (Schiffs- und U-Bootsendern), aus Geräteübernahmen von den sowjetischen Streitkräften (Militärfahrzeuge), aus Lieferungen der Sowjetunion (Systeme zur Instrumentenlandung sowie für die Radarüberwachung) und aus ersten DDR-Produkten (Mittel- und Langwellensender). In Berlin-Schönefeld standen der Flugsicherung darüber hinaus Anfang der 60er Jahre folgende Radaranlagen aus tschechischer Produktion (Fa.Tesla) zur Verfügung: - 150 km Rundsichtradar OR 2 - 50 km Nahbereichsradar RL 2 - Landeradar RP 2. Die Kommunikation zwischen Lotsen und Piloten erfolgte mittels entsprechender Funksende- und Empfangsanlagen militärischer und ziviler Techniken. Die terrestrische NachrichtenÜbertragung wurde vorwiegend per Telefon und Fernschreiber durchgeführt. Als Anflughilfe gab es bereits 1961 in Berlin-Schönefeld ein Instrumenten Lande- System (ILS) nach dem Standard der International Civil Aviation Organization (IGAO) der Fa. Standard Elektrik Lorenz (SEL). Die wichtigsten Flugsicherungsanlagen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld sind schematisch in einer Übersicht dargestellt (BILD 4). |
BILD 4 - Flugsicherungsanlagen in den 60 / 70 Jahren am Flughafen Berlin-Schönefeld, Fotos [6] |
Das technische Personal rekrutierte sich vorwiegend aus
funktechnischen Berufsgruppen der verschiedensten
Wirtschaftsbereiche, die sich in Abend- und Fernstudien für die
umfangreichen Anforderungen der Flugsicherungstechnik
qualifizierten. Das Lotsenpersonal wurde an der Verkehrshochschule
in Dresden und in innerbetrieblichen Lehrgängen ausgebildet. Auf dem
Flughafen Dresden gab es bis 1961 die Besonderheit, dass durch die
ansasslgen Flugzeugwerke die Flugsicherung praktiziert wurde. Als
Prüforgan fungierte die Technische Prüfstelle Flugsicherung (TPFS),
die später der Staatlichen Luft1ahrtinspektion (SLI) unterstellt
wurde. Deren Aufgabe war es, alle Prüfungen für die technischen
Ausrüstungen der Flugsicherung vorzunehmen. Dazu diente auch ein
Messflugzeug, welches vom Flugbetrieb bereitgestellt wurde. Das war
in den Anfangsjahren eine ILJUSGHIN 14 (IL 14), die 1956 als 001 -
Lizenzbau der DDR - in der Flugzeugwerf1 Dresden gebaut wurde und schon dort Messflüge durchführte. Am 05.07.1961 wurde diese IL 14 mit der Kennzeichnung "DMSAZ" der Lufthansa Ost als Messflugzeug für die zivile Flugsicherung der DDR eingesetzt. Später wurde dieses Messfugzeug durch eine andere IL 14 mit der Kennzeichnung "DMSAL" ersetzt. Der Bedarf an Inlandsflugverbindungen in der DDR erforderte die Einrichtung von Flugsicherungsdienststellen mit den entsprechenden technischen Ausrüstungen auf den Flughäfen: Leipzig, Dresden, Erfurt, Barth - Flugbetrieb bis 1975, Chemnitz (Karl-Marx-Stadt) - Flugbetrieb bis 1962 und Heringsdorf (Saisonbetrieb bis 1975). Ab 1961 war die DDR-Flugsicherung strukturell in der Staatlichen Flughafenverwaltung mit Hauptsitz in Berlin-Schönefeld angesiedelt, und zwar als ein Bestandteil der Zivilluftfahrt der DDR. Der Lotsenbereich unterstand Harry Meschkank, und für den Instandhaltungsbereich war Gerhard Hahn verantwortlich. Die direkte Zuordnung der Flugsicherung zur HVZL blieb davon unberührt. |
2.2. Periode von 1962 bis 1969- Niveauanpassung auf internationale StandardsAufgrund eines Rechtsstreits mit der Lufthansa der Bundesrepublik Deutschland wurde die Lufthansa Ost per 01.09.1963 aufgelöst. Ab diesem Zeitpunkt war die INTERFLUG (Erstgründung 1958) alleiniges Luftverkehrsunternehmen der DDR. Das Messflugzeug gehörte nun auch zum Flugzeugpark der INTERFLUG.Der Luftraum über dem DDR-Territorium wurde nach ICAO-Standard strukturiert, was den Aufbau von fünf UKW-Drehfunkfeuern, die VOR's (Very high frequency Omnidirectional Range) an den Standorten Trent, Fürstenwalde, Boxberg, Nunsdorf und Leipzig erforderte. Ebenso wurde das Strecken-Netz der Mittelwellen-Funkfeuer, die NDB's (Non Directional Beacon) erweitert (BILD 5). Mit dem Bau einer zweiten Start- und Landebahn auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld wurden auch zwei weitere ILS-Anlagen (Fa. PYE, England) nach ICAO-Standard installiert. Für die Verbesserung der Flugsicherungsdienstleistungen erfolgte in dieser Periode eine breit gefächerte Ausbildung der Fluglotsen und des flugsicherungstechnischen Personals an der Betriebsschule der INTERFLUG. Das Radarlotsen-Training erfolgte ab 1968 an einem aus tschechischer Produktion stammenden Radarsimulator. Darüber hinaus wurden zur Schaffung der wissenschaftlich-technischen Basis für eine Flugsicherung auf hohem Niveau junge Leute zur Spezialausbildung für Flugsicherungs-Technologie und -technik in die Sowjetunion (Petersburg/Leningrad, Kiew und Riga) delegiert. Die Ausweitung des Inlandflugverkehrs Mitte der 60er Jahre erforderte auch den Ausbau der Flugsicherungsdienststellen auf den Flughäfen Leipzig-Mockau, Dresden, Erfurt und Barth. Eine besondere Herausforderung für das Flugsicherungspersonal waren der SaisonFlugbetrieb zum Ostseebad Heringsdorf und der Messeflugverkehr während der Frühjahrs- bzw. Herbstmessen in Leipzig. Dieser Messeflugverkehr wurde jeweils auf dem Flughafen Leipzig-Scheuditz abgewickelt, wegen der dort im Vergleich zu Mockau vorhandenen längeren Start- und Landebahn. |
BILD 5 - Luftstrassennetz in der DDR [7] |
|
2.3. Periode von 1969 bis 1976 Erweiterungs- und ErneuerungsphaseZur Lösung der komplexen Aufgaben der Flugsicherung aufgrund des in den 70er Jahren zu erwartenden stark ansteigenden internationalen Luftverkehrs wurde 1968/69 auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld im Bereich Wissenschaft und Technik der INTERFLUG die Abteilung Flugsicherung und Nachrichtentechnik (FSNT)geschaffen. In dieser Abteilung wurden Strategien zur Verbesserung der Flugsicherungsverfahren und der Komplettierung der technischen Basis der Flugsicherung ausgearbeitet. Es war auch der Beginn internationaler Beziehungen auf dem Gebiet der Flugsicherung sowie der aktiven Arbeit im Rahmen des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) auf INTERFLUG-Ebene (BILD 6). In dieser Zeit: - wurden Standortuntersuchungen für neue Instrumentenlandesysteme aus sowjetischer Produktion (ILS-SP 70) auf den Flughäfen Berlin-Schönefeld, Leipzig, Dresden und Erfurt durchgeführt. - wurde im Rahmen des RGW-Komplexprogramms ab 1971 Automatisierung des vorbereitet. - wurde ein Vertrag über die wissenschaftlichtechnische Zusammenarbeit (WTZ) mit der CSSR zu dem konkreten Thema "Überführung von Flughäfen in die Betriebsstufe II" geschlossen. Im Rahmen dieser WTZ wurde die von den Spezialisten der DDRFlugsicherung entwickelte Messflugzeug- Ausrüstung zur Vermessung von ILS-Anlagen der Kategorie II auf dem slowakischen Flughafen Poprad erprobt (BILD 7). 2.3.1. Erweiterung der Radarüberwachung mit AVIA- BDie Meisterung der komplizierten Luftraumsituation durch die Fluglotsen wurde 1969/71 mit der Installation zweier Radaranlagen vom Typ AVIA-B aus polnischer Produktion an den Standorten Cottbus und Neubrandenburg, in gemeinsamer Nutzung mit den Luftstreitkräften der Nationalen Volksarmee, wesentlich erleichtert. Dies war die erste Stufe der zivil-militärischen Integration in der Flugsicherung der DDR.2.3.2. NDB-Umrüstung auf SNS 577 IDie Umrüstung der Mittelwellenfunkfeuer (NDB's) wurde im Rahmen
der Neuerer- und Erfinderbewegung konzipiert, technisch entwickelt
und realisiert. Es handelte sich dabei um die Modifikation von
modernen Schilfsseenotsendern aus der DDR Produktion zu für die
Luftfahrt tauglichen leistungsstarken Sendern in Doppelausführung
mit automatischer Umschaltung. Die Signalausstrahlung erfolgte
über die vorhandenen T-Antennen (BILD 8). 2.3.3. Gründung der Direktion Flugsicherung1972 wurde im Zusammenhang mi1 einer neuen Unternehmensstruktur
der INTERFLUG die Direktion Flugsicherung geschaffen und zwar mit |
|
|
BILD 7 - Messflugzeug der DDR in Poprad (Slowakei)
|
||
BILD 8 - NDB-Darstellungsschema (Funkbaake) |
2.3.4. VOR in Friedland1975 erfolgt die Inbetriebnahme des sechsten UKW-Drehfunkfeuers in neuester Technik am Standort Friedland in der Nähe von Neubrandenburg. Dafür waren aufwändige Standortuntersuchungen mittels Messflugzeug an einer mobilen Anlage der Firma SEL notwendig. Nach Auswertung der Flugerprobung konnte dieEntscheidung gefällt werden, an Stelle eines Doppler-VOR ein konventionelles VOR aufzubauen, wodurch erhebliche Kosten eingespart werden konnten. 2.3.5. Erneuerung des AnflugkontrolldIenstes in Berlin-SchönefeldIm Rahmen einer größeren Rekonstruktion wurde 1975 die Flugüberwachung Berlin Schönefeld in einen neuen Kontrollraum verlagert und mit neuen Arbeitsplätzen, neuen Radarsichtgeräten sowie allen weiteren flugsicherungs-arbeitsplatzrelevanten technischen Ausrüstungen neu ausgestaltet. Die technologischen Arbeitsabläufe der Lotsen wurden wesentlich verbessert und somit auch deren Arbeitsbedingungen. Es wurde diesbezüglich ein Qualitäts· und ein Quantitätssprung erreicht.2.4. Periode von 1976 bis 1983 - ProfilgewinnungOie strategischen Planungen und EinsatzVorbereitungen auf dem technologischem Gebiet sowie der Technik in der Flugsicherung aus den 60er und 70er Jahren wurden nun Realität, was zu einer hohen Motivation der Mitarbeiter führte. Dem internationalen Trend folgend war auch in der DDR die Zeit gekommen, die gestiegenen Anforderungen an das Flugsicherungspersonal durch geeignete Entlohnungsformen zu stimulieren. Oie Lotsen erhielten eine verbesserteGehaltseingruppierung und für die Techniker wurde der Prämienzeitlohn eingeführt. Für alle Mitarbeiter der INTERFLUG wurde eine nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte Freiflugmäglichkeit eingeführt. Auch die konsequente Durchsetzung der Lizenzierung des Personals und die Einführung einer objektiven Kontrolle führten zu einem Leistungsanstieg. Oie Modernisierung der INTER FLUG führte 1978 zur Bildung der Betriebe Verkehrsflug, Flugsicherung, Flughäfen, Bildflug und Agrarflug. Nachfolger des Direktors Kurt Zube vom Betrieb Flugsicherung, der zum Verkehrsflug wechselte, wurde 1981 Dieter Dechert, nachdem Erich Eckardt zwei Jahre lang kommissarischer Direktor des Betriebes Flugsicherung war. |
2.4.1. Weiterführung der zivil-militärischen Integration (II. Stufe)Durch die verbesserte Luftraumüberwachung mittels neuer
Radartechnik sowie durch die präzise |
BILD 9 - Luftraum mit Restriktionen, [9] |
2.4.2. Durchführung des ILS-ErsatzprogrammsIn bilateraler Zusammenarbeit mit dem LeningraderInstitut für funktechnische Luftfahrtausrüstungen(WNIIRA) konnte ein umfangreiches ILS- Ersatz-/ Neuausrüstungsprogramm in den Jahren 1979 bis 1983 mit dem sowjetischen ILS-Anlagentyp SP 70 (Systema Posadki) durchgeführt werden. Es kamen: - in Berlin Schönefeld drei Anlagen (BILD 10), - in Leipzig eine Anlage und - in Dresden ebenfalls eine Anlage zum Einsatz. Die Anlagenkomplexe (Gerätecontainer und Antennen) kamen vom sowjetischen Herstellerwerk in Tscheljabinsk und wurden auch von den Werksspezialisten montiert, justiert, flugvermessen und funktionstüchtig übergeben. Anschließend erfolgte jeweils noch die Flugvermessung mit dem INTERFLUG Messflugzeug. Das technische Personal der DDRFlugsicherung wurde in Petersburg (Leningrad) und vor Ort von sowjetischen Fachkräften geschult. 2.4.3. Messflüge über Westberlin für das Landesystem SP 70Die sowjetischen Spezialisten bestanden darauf, die
Erstvermessung des ILS SP 70 in Berlin-Schönefeld 2.4.4. Radarkomplex AVIA-D/KOREN und"Gamma 1"1978 erfolgte der Aufbau eines Primärradars (AVIA-D) aus polnischer Produktion in Kombination mit dem Sekundärradar (KOREN) aus sowjetischer Produktion in Rotberg |
|
|
BILD 11 - Sowjetisches Messflugzeug AN-24 mit Piloten und SP 70-Spezialisten sowie deutschen Ingenieuren, [8] |
bei Berlin. Damit waren die
Voraussetzungen für eine wesentlich verbesserte Radarüberwachung
geschaffen.1980 kam dann der polnische Rechner "ODRA" zur Radardaten
Verarbeitung und -darstellung auf den Radarsichtgeräten (WPS-l0) der
Lotsen dazu. Dieser Radar/Rechnerkomplex war eine
Gemeinschaftsarbeit der DDR, der UdSSR, der CSSR und Polens und
wurde als Musterlösung im RGW unter der Bezeichnung .Gamma 1"
empfohlen (BILD 12).2.4.5. Neues Messflugzeug - IL 18F ür die gestiegenen Anforderungen zur Flug Vermessung der VOR/DME-, ILS-, Radar, FunkundNDB-Anlagen wurde ab 1983 eine IL 18 der INTERFLUG-Flotte genutzt. Damit konnte das Messflug-Programm erheblich ausgedehnt werden. Insbesondere konnten größere Flughöhen Reichweiten gegenüber dem Messflugzeug IL 14 erzielt werden (BILD 12) 2.4.6. Betriebstufe IIBereits Anfang der 70er Jahre wurde die Einführung der Betriebsstufe 11 in Berlin-Schönefeld zur Senkung der Landeminima unter Schlechtwetterbedingungen beschlossen. Im November 1980 wurde die Landerichtung 25 Links der Start- und Landebahn I für die Betriebsstufe II zugelassen (BILD 13), und die Erstnutzung mit einem INTERFLUG-Verkehrsflugzeug erfolgte im Januar 1981. |
|
BILD 12 - Moderne Flugsicherungsanlagen in Berlin-schönefeld in den 70/80 Jahren, Foto[6] |
|
BILD13 - ILS-Schema für die Betriebsstufe II in Berlin-Schönefeld, Fotos[6] |
BILD 14 - UKW-Sendezentrum Rotberg,[6] |
2.4.7 UKW-Boden/Bord-Funk, Kurzwellenfunk und das FlugfernmeldesystemBeginnend im Jahre 1978 erfolgte der Ersatz veralteter Funktechnik durch Installation neuer UKW-Sender in Rotberg (BILD 14) und neuer UKW-Empfänger in Berlin-Bohnsdorf. 1979 begann die Aufnahme des KurzwellenSelektivruf- Funksprechverkehrs mit INTER FLUGFlugzeugen im ehemaligen OR2-Gebäude desFlughafens Berlin-Schönefeld. 1983 erfolgte die Übergabe der Rechnergesteuerten Fernschreibspeichervermittlung AFTN (Aeronautical Fixed Telecommunieation Network) der französischen Firma SESA für das Flugfernmeldesystem. 2.5. Periode von 1983 bis 1989- Modernisierung und umfassender RechnereinsatzIn einem Bericht [10] zum 30jährigen Jahrestag der zivilen Luftfahrt in der DDR unterstrich der INTER FLUG-Generaldirektor, Dr. Klaus Henkes, die Tatsache, dass 38 % des Personals der INTERFLUG Absolventen von Hoch- und Fachschulen waren. Damit verfügte die INTERFLUG in dieser Zeit über das größteIntelligenzpotential unter den Betrieben der DDR Volkswirtschaft! Entsprechenden Anteil hatte natürlich auch das Personal der Flugsicherung. Diese Tatsache und auch die stetige Steigerung der Flugbewegungen erforderten von der DDRFlugsicherung, sich auf modernste technische Ausrüstungen zu orientieren und den Rechnereinsatz zu forcieren. Ein besonderes Highlight war auch die Montage der ILS SP 70 Kurswegantenne in Dresden mittels Hubschrauber (BILD 15). Der Betrieb Flugsicherung hatte gemeinsam mit dem Betrieb Bildflug die Technologie für diese Hubschraubermontage erarbeitet. Die Realisierung dieses Projektes führte Dank der Unterstützung des stellvertretenden Direktors, Reinhard Köllner, zur Minimierung der montagebedingten Flughafenschließung auf nur 2 Stunden, |
||||||||||
BILD 15-Hubschraubermontage,[8] |
In diese Zeit fiel die Personalentscheidung zum Direktorenwechsel
im Betrieb Flugsicherung: 1984 übernahm Otmar Spangenberg von
Dieter Dechert die Leitung des Betriebes Flugsicherung, der als
|
|||||||||
BILD 16 - Radar-Simulator im neuen Fliegertrainingszentrum [6] |
Zum Beispiel bot SEUAlcatel an, die Fertigungskapazitäten der DDR
Flugsicherungswerkstätten für Spezialanfertigungen 2.7. Überführungsphase Oktober 1990 bis Dezember 1994 Durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3.Oktober 1990
wurde die DDR-Flugsicherung vollständig mit dem Personal und den
materiellen Werten von der BFS übernommen. In dieser Phase haben die ehemaligen Flugsicherungsmitarbeiter der INTERFLUG an leitenden Stellen bei der Eingliederung der flugsicherungs-technischen Einrichtungen der Amerikaner des Flughafens Berlin - Tempelhof und der Franzosen des Flughafens Berlin - Tegel in die BFS mitgewirkt. |
BILD 17 - Flugsicherungsanlagen und dienststellen, Fotos[6] |
Bild 18 - Inbetriebnahme der neuen Flugsicherungs-Kontrollzentrale in Tempelhof am 09.Nov 1994, rechts der Autor, 4.v.r. Dieter Kaden, Geschäftsführer DFS Deutsche Flugsicherung GmbH,[12] |
BILD 19 - Neuer Tower in Berlin-Schönefeld mit Schülern während einer Besichtigung, [8] |
3. SCHLUSSBETRACHTUNG3.1. lCAODurch die IGAO-Unterorganisation der UNO wurden verbindliche Richtlinien geschaffen, durch deren Einhaltung ein sicherer Flugverkehr gewährleistet wird. Die DDR-Flugsicherung hat von Anfang an auf die Anwendung der IGAO-Richtlinien orientiert und auch im Rahmen des RGW sowie bei bilateraler Zusammenarbeit mit den Staaten des RGW entsprechend gewirkt. Die Ausarbeitung von Flugverfahren, die Qualifizierung des Personals, die Anpassung der technischen Ausrüstung in der DDR entsprachen mitteleuropäischen Standards. Daher war es nur natürlich, dass die Überführung der DDR-Flugsicherung in die BFS problemlos vollzogen wurde.3.2. FlugspurenDie hohe Verantwortung der Fluglotsen und der sie unterstützenden Techniker wird besonders deutlich, betrachtet man die Vielzahl der An- und Abflüge auf dem Flughafen Berlin-Tegel an einem gewöhnlichen Tag zwischen 10 und 17 Uhr bei Westwindlage (BILD 20). Deutlich wird die Enge in Flughafennähe.3.3. Flugsicherung verbindetDie Flugsicherung ist eine internationale Aufgabe und verbindet die Menschen über politische Grenzen hinaus. Das war auch Tenor bei der Gestaltung, dem Aufbau und der Inbetriebnahme der vielen genannten Flugsicherungsanlagen. Für fast alle Flugsicherungsverfahren und Systeme wurden im Vorfeld ihrer Einführung internationale Kontakte geknüpft, Erfahrungen ausgetauscht und erst dann zielgerichtet mit den geeigneten Firmen Verträge abgeschlossen. Durch die von Anfang anstark ausgeprägte Bindung der Zivilluft1ahrt der DDR an die sowjetischen Partner entstanden auch menschliche Kontakte zwischen den Fachleuten beider Länder. Nachstehendes Gruppenfoto (BILD 21) ist dafür ein Beleg: es zeigt den gemeinsamen Ausflug deutscher und sowjetischer Ingenieure zu einem Brandenburger See während der Montage eines ILS SP 70 in Berlin-Schönefeld. Daneben waren natürlich auch Freundschaften zu Fachleuten aus der VR Polen und der CSSR bei der Realisierung unser Investitionsvorhaben entstanden. |
BILD 20 - Infografik-Flugspuren,[13] |
BILD 21 - gemeinsamer Ausflug deutscher und sowjetischer Fachleute |
Dank und WidmungFür die großzügige Unterstützung bei der Erstellung vorstehenden Vortrags zur Geschichte der DDR-Flugsicherung bedanke ich mich bei meinen ehemaligen Kollegen der INTERFLUG, ganz besonders bei Reinhard Köllner. Ebenso bedanke ich mich bei Christian Trempler (Student der Luft- und Raumfahrt) für die Dokumentgestaltung. Ich widme diesen Aufsatz meiner Frau, Christl Trempler. Sie hält mir seit fast 50 Jahren den Rücken frei bei der Profilierung im beruflichen Leben und bei meinen gesellschaftlichen Aktivitäten. |
Legende für Abkürzungen: |
|||
AFTN BFS DFS DME FDJ FTI FIR GST ICAO KVP MDI NDS |
Aeronautical Fixed T elecommunication Network |
OTV RGW UKW |
Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Staatliche Luftfahrtinspektion Systema Posadki Technische Prüfung Flugsicherung Technisch-ökonomische Information der zivilen Luftfahrt Ultrakurzwelle Very High Frequency Omnidirectional Range Wissenschaftlich Technische Zusammenarbeit |
zurück |
Autor: Wolfgang Hakansson |
30.04.2020 |
|
Vor knapp zwei Wochen erhielt ich eine E-Mail von Achim Lorber. |
||