Die alte INTERFLUG im www
Historische Betrachtungen zur einstigen DDR-Fluggesellschaft INTERFLUG

last updated:
17.09.2016


Revision 3.0
InterCondor

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Eine Episode kurz vor dem Ende der Interflug

So sollten sie mal im gemeinsamen Charterflugprogramm der Condor und Interflug unterwegs sein

Boeing 757-230

Reisegeschwindigkeit:
880 km/h 
Sitzplätze:
210
Reiseflughöhe:
bis 12800 m
Länge:
47,3 m
Kraftstoffkapazität:
42600 Liter
Spannweite: 
38,0 m
Reichweite:
5700 km
Höhe:
13,6 m

…und das war die Vision für die Chartergesellschaft (aus „Flug Revue“ im Sommer 1990 )


…vor allem für viele Kollegen aus der Flugtechnik, denn dort im Südteil sollte
die Instandhaltung der InterCondor-Flotte erfolgen.


 

Freimut Kissig erinnert sich:

Meine Aufgaben als Technischer Leiter waren damals

  • Formierung eines Teams zur Wartung der 757 zur Erlangung der
    JAA 145-Zulassung,
  • Aufbau einer Basis in SXF samt Lager und
  • Training der Mechaniker und Ingenieure bei Condor bzw Boeing.
Ich hatte Michael Kelle als designierten Leiter TP an meiner Seite und Matthias Groth sollte das Engineering leiten.
Seitens des Flugbetriebs war Olaf Fritzsche mein Partner
                (später Stationsleiter Condor Berlin).


Maintenance Training bei German Cargo
Am 30. Juni 1990, dem Vortag zur Währungsunion, machten sich 6 Ingenieure der Interflug über Leipzig auf den Weg nach Frankfurt / Main. Bis Leipzig ging es mit dem Zug. Von dort dann mit der LH-Linienmaschine weiter nach Frankfurt.

Es waren dabei:

Norbert Hillerkus Prüfing. TP / Z
Peter Thiel Prüfing. TP / E
Rolf Krüger Prüfing. TP / F
Heinz Bartels Faching. IT / T
Matthias Groth Faching. IT / G
Detlef Thisius Faching. IT / Z

Im Sinne der o. g. Aufgaben sollten diese sechs die technische „Vorhut“ sein: Für ein Vierteljahr in der damaligen Wartungsbasis von German Cargo (Halle 3) und am Finger alle für den Betrieb der 757 typischen Arbeiten trainieren (Radwechsel, TW-Ölwechsel, Gelenke fetten, defekte Sitze oder Lampen wechseln…). Danach sollten dann vom 27.8. bis 12.10. die erforderlichen Lizenzen erworben werden für das Flugzeug gesamt und die beiden eingesetzten TW-Typen von Pratt & Whitney, sowie Rolls Royce.
Ein normales Programm, um später fit zu sein für alle Belange des Flugzeugeinsatzes.

Unsere Arbeit erfolgte der Effektivität willen nur in Nachtschichten, da die 757 der Condor natürlich tagsüber meist im Einsatz und nur nachts zur Wartung verfügbar waren.


So etwas war z. B. auch zu erledigen…

Natürlich war das Spannendste das gegenseitige Bekanntmachen mit dem dortigen technischen Personal, unseren Kollegen von German Cargo. Keiner wusste etwas vom Anderen. Für viele waren wir anfangs die Leute aus dem „Busch“, die möglicherweise noch nie ein richtiges Flugzeug „in der Hand hatten“. Das legte sich aber bald. Durch Fragen und Gegenfragen lernte man sich immer besser kennen. Viele wunderten sich, dass wir uns als Ingenieure nicht zu fein waren, z. B. die Hände beim Räderwechseln schmutzig zu machen. Das Eis war aber vollständig gebrochen, als wir 3 „schwarzen“
Z / TW-Ing.´s uns dranmachten eine defekte elektrische Heizscheibe (rechte Frontscheibe im Cockpit) zu wechseln. Es war erkennbar, dass unsere „Einweiser“ sich das lieber ersparten. Keiner hatte wohl Erfahrungen damit und wollte den Termin der Flugzeug-Bereitstellung um 6 Uhr morgens am Finger gefährden. Bei uns lief aber alles wie am Schnürchen. Unsere vielen Jahre Praxis (auch als Mechaniker) und Erkenntnisse aus der Arbeit mit vergleichbaren Scheiben bei Tupolev und Iljuschin haben uns dazu verholfen, auch diese Maschine pünktlich bereitzustellen.


So sollte das Heck aussehen…

Ende August begann der theoretische Teil vom Maintenance Training. Die Lehrgangsunterlagen waren, für uns bis dahin etwas ungewohnt, im englischen Original ausgefertigt. Obwohl wir aus früheren Zeiten eher an russische Unterlagen gewohnt waren, hatten wir mit der neuen Situation kaum Probleme. Nachmittags haben wir im Hotel gemeinsam „gepaukt“ und konnten uns bei Unklarheiten gegenseitig prima helfen. Von jedem unserer Fachbereiche war ja ein Ingenieur vom Fach dabei. Die gegenseitige Unterstützung und der Zusammenhalt waren wirklich toll.
Und wenn es dann mal doch nicht mehr gehen wollte, schnappte Norbert sein Queue: das war das Aufbruchsignal zum Billardspielen und die Stimmung war wieder im Steigen!
Auch unser Verhältnis zu den Frankfurter Kollegen entwickelte sich zunehmend freundlicher. Man entwickelte immer mehr Verständnis füreinander und die anfängliche Distanz zu einander verschwand.
Ab und zu wurde jetzt auch an einigen Wochenenden mit unseren Frankfurter Kollegen gemeinsam das eine oder andere der vielen Heimatfeste besucht, wobei es natürlich immer recht stimmungsvoll zuging.

Das alles hätte eine gute Basis für die zukünftige Zusammenarbeit sein können.

Getrübt wurde die Stimmung recht bald aber durch konkrete Erkenntnisse dafür, dass mit der sich abzeichnenden Vereinigung am 3. Oktober 1990 der Grund für die Notwendigkeit der gemeinsamen Unternehmung InterCondor wegfallen könnte. Der Ausbildungsplan, einschl. der Tests, wurde verdichtet, sodass bereits am 1. Oktober,
fast 2 Wochen vorfristig, der Lehrgang beendet werden konnte (die obenstehenden Zertifikate weisen interessanterweise noch die vorgesehenen Termine bis 11.10.90 aus).
Nach erfolgreichem Abschluß des 3-monatigen Trainings luden wir unsere Frankfurter Kollegen zum Abschied am 2. Oktober in unsere „Residenz“, dem Sindlinger Hotel „Zur Post“, zu einem zünftigen Kegelabend ein. Auch einige Kollegen aus Berlin waren gekommen. Es war eine tolle Stimmung, bis mittendrin aus Berlin in Verbindung mit den Informationen von den Vereinigungsfeierlichkeiten wieder zu hören war, dass die alliierten Vorbehaltsrechte natürlich damit auch enden.

Die Flughäfen Tegel und Tempelhof waren ja wie Schönefeld innerdeutsch wieder per Flugzeug erreichbar. Nicht nur der Abend war plötzlich zu Ende, sondern auch das Ende der InterCondor sichtbar.

Nach unserer Rückkehr nach Schönefeld war es dann konkret:
wie häufig in dieser Zeit war wieder mal für viele Flugtechniker eine Hoffnung geplatzt.

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